Landesbank Baden-Württemberg (LBBW)

Die Branchenentwicklung war grundsätzlich leicht vorherzusagen. Durch die staatlichen Förderprogramme wurde eine enorme Nachfrage nach Solaranlagen ausgelöst. Dadurch entstand ein typischer Verkäufermarkt mit hohen Margen für die Anbieter. Als die Kapazitäten 2008 schließlich die Nachfrage übertrafen und darüber hinausschossen, war dies das Signal für die Finanzbranche, sich aus der Finanzierung von Solarunternehmen zurückzuziehen. 

 

Die Branchenentwicklung wurde jedoch nur selten klar beschrieben. Immerhin hatte die Deutsche Bank 2008 die weitere Entwicklung öffentlich skizziert und zutreffend eine "brutale" Marktbereinigung von 2009 bis 2012 vorhergesagt. Auch Lux Research hatte die Entwicklung weitgehend korrekt beschrieben. Andere Beteiligte wie die Bank Sarasin haben jedoch nicht vor der Krise ab 2009 gewarnt, die Entwicklung nicht angemessen beschrieben und Risiken sogar offensichtlich planmäßig verschwiegen.

 

Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) ist wiederum ein Beispiel dafür, dass die Finanzbranche über die Entwicklung der Photovoltaik sehr gut im Bilde war. Allerdings haben die Warnungen der LBBW kaum einen Weg in die öffentliche Berichterstattung gefunden. Bestimmte Adressaten sind offenbar bevorzugt informiert worden. Inzwischen sind auch wichtige Unterlagen der LBBW aus dem Internet entfernt und damit dem allgemeinen Zugriff entzogen worden.

Frühe Warnung 2008

LBBW 2008: "Market outlook is toughening up"
LBBW 2008: "Market outlook is toughening up"

Im November 2008 warnte die LBBW speziell die Teilnehmer einer Dünnschichtphotovoltaikkonferenz ausdrücklich vor der zu erwartenden Entwicklung. Wie nebenstehend ersichtlich, wies die LBBW ausdrücklich auf den Umschwung zum Käufermarkt und die damit verbundenen Konsequenzen hin. Die LBBW warnte, dass Kapital wenn überhaupt dann nur noch zu schlechteren Konditionen verfügbar sein würde.

 

Im weiteren nannte die LBBW ausdrücklich hohe Modulwirkungsgrade und Wachstum als kritische Erfolgsfaktoren.

 

Die Präsentation wurde als "Confidential" eingestuft und gehört zu den Unterlagen, die inzwischen nicht mehr frei im Internet abrufbar sind.

Situationsbeschreibung 2009

Deutlicher als mit den folgenden fünf Folien, die einer Präsentation der LBBW von 2009 entnommen sind, kann man die damalige Branchensituation wohl kaum beschreiben:

Die LBBW widerstand 2009 der Versuchung, die Krise zu verniedlichen oder mit der Ankündigung angeblich guter Aussichten in naher Zukunft die wahren Sachverhalte zu verschleiern. Der weitere rasante Ausbau der Kapazitäten musste zu der Schlussfolgerung führen, dass ein Ende der Krise zu der Zeit noch nicht in Sicht war.

 

Entsprechend deutlich sprach die LBBW in diesem Dokument auch von einem "Industriedrama" in Deutschland und diagnostizierte als Hauptproblem die Umsetzung bewährter Technologien in die industrielle Praxis. Offenbar hatte die LBBW verstanden, dass zwischen Produkt- und Prozessinnovationen unterschieden werden muss. Eine Produktidee ist das eine, zur wirtschaftlichen Herstellung eines jeden Produkts werden jedoch auch viele Prozessinnovationen benötigt. Es ist eine unternehmerische Aufgabe, eine Fertigung so aufzubauen und zu organisieren, dass das Produkt auch in großen Mengen und gleichbleibender Qualität hergestellt werden kann.

Warnung des Europäischen Industrieverbandes EPIA

Gleichfalls 2009 warnte die LBBW auch die European Photovoltaic Industry Association (EPIA) mit Sitz in Brüssel. Beispielhaft einige der Kernbotschaften für die EPIA-Mitgliedsunternehmen, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließen:

 

Oversupply will continue despite large government programmes.

 

Competition on price will continue - caused by relentless pressure through low-cost manufacturing.

 

Steeper-than-expected price decline, followed by massive margin decline.

 

We expect relentless competition on gaining market share; no profit maximisation.

 

Die LBBW verwies auch schon damals eindringlich auf Kostenvorteile chinesischer Hersteller bis zu 44 %.

Öffentliche Anhörung 2010

Es ist interessant, dass Wolfgang Seeliger, der Autor der drei oben genannten Präsentationen der LBBW, auch vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit des Deutschen Bundestags als Sachverständiger gehört worden ist. Am 19.4.2010 beantwortete Seeliger Fragen der Ausschussmitglieder.

 

Einerseits fällt auf, dass die Dünnschichtphotovoltaik anlässlich dieses Termins praktisch keine Rolle gespielt hat. Andererseits fehlt in der Liste der geladenen Sachverständigen auf Seite 2 ein Unternehmer oder Experte mit Industriekompetenzen, der etwas zum Stand und den Schwierigkeiten der Solarindustrie in Deutschland hätte sagen können. Immerhin gehörte zu den erklärten Zielen der Energiewende der langfristige und nachhaltige Aufbau einer Solarindustrie in Deutschland.

Die LBBW in den allgemeinen Medien

Die klaren Botschaften der LBBW fanden nur selten einen Weg über die allgemeine Berichterstattung in die Öffentlichkeit. Nachfolgend zwei Medienberichte, die sich unter anderem auf die Einschätzung der LBBW berufen.

"Deutschlands strauchelnde Sonnenkönige" (Berliner Zeitung, 6.7.2009)

Eine positive Ausnahme für eine klare und deutliche Berichterstattung ist ein Artikel der Berliner Zeitung vom 6.7.2009. Aus einer Analyse der LBBW wird zitiert:

 

Die Solarindustrie durchschreitet ein Tal der Tränen, die Marktbereinigung ist in vollem Gange.

 

In dem Artikel wies Seeliger darauf hin, dass wahrscheinlich große Probleme auf die europäische Solarindustrie zukamen:

 

Wenn die Entwicklung so weitergeht, bekommt die europäische Solarindustrie bald massive Probleme.

"Krise bringt Solarbranche in Not" (taz, 5.8.2009)

Nur kurze Zeit später berichtete die taz am 5.8.2009 über die Photovoltaik und zitierte auch das oben genannte Bild des Tals der Tränen aus der Studie der LBBW.

 

Die warnenden Worte gehen hier jedoch im Text unter, der zahlreiche unklare und unrichtige Aussagen enthält. Als auslösende Faktoren für die Not der Solarbranche werden der lange Winter und sogar im Titel des Beitrags die globale Finanzkrise genannt. Das ist natürlich nicht richtig. Wie beschrieben war die Branchenentwicklung seit 2008 absehbar und wurde durch massive Überkapazitäten und die Zurückhaltung der Kreditgeber ausgelöst.

 

Wie die taz weiter berichtete, bestritt der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) angeblich sogar, dass von einer Marktbereinigung die Rede sein könne. Letztlich endet der Artikel mit einem positiven Fazit.

 

Dem Leser wurde auf diese Weise alles andere als ein zutreffendes Bild der Branchenentwicklung und der aktuellen Situation vermittelt. Leider gibt es viele weitere Beispiele für diese Art der unangemessenen Berichterstattung.

Schlussfolgerungen

Der LBBW war die Branchenentwicklung ebenso wie etwa der Deutschen Bank und Lux Research bekannt und bewusst. Aber offensichtlich sind bestimmte Adressaten wie die Teilnehmer einer Dünnschichtphotovoltaikkonferenz oder die Mitglieder der Branchenvereinigung EPIA weitaus klarer und angemessener informiert worden wie die Allgemeinheit. Ähnliches gilt auch für die Bundestagsmitglieder, die im Rahmen einer öffentlichen Anhörung nicht ausreichend klar und eindringlich informiert worden sind.

 

Der Allgemeinheit ist insgesamt kein klares Bild der Branchenentwicklung vermittelt worden. Die Aussagen der LBBW sind von den Medien nur selten zitiert worden. In einigen Fällen sind die Aussagen der LBBW schlicht im Text zusammen mit anderen teils widersprüchlichen Botschaften untergegangen.

 

Ab 2010 scheint sich die LBBW mit öffentlichen Aussagen zur Photovoltaik außerdem sehr zurückgehalten zu haben. Abgesehen davon stellt sich die Frage, warum gerade drei der aussagekräftigsten Darstellungen der LBBW über die Branchenentwicklung inzwischen im Internet entfernt worden sind.

Information der LBBW über diese Internetseite

Mit einem Schreiben vom 27.6.2013 wurde die LBBW auf diese Internetseite hingewiesen.

Letzte Änderung: 27.6.2013

Freiheit stirbt immer zentimeterweise:

Typologie der PV-Module:

Typologie der Herstellungsverfahren für Solarmodule

Eine herzliche Bitte:

Fundamentaler Fehler:

Für Hinweisgeber:

Warnungen für Hinweisgeber